traum selbstversorger

Wie werde ich Selbstversorger in kleinen Schritten

Wenn Auswandern nur so mittel ist

17 Kommentare

Was haben wir uns Kalifornien toll vorgestellt. Muss das Selbstversorger-Herz nicht hüpfen, bei so viel Weite, Sonne und Natur? Wir waren vier winterlose Jahre dort. Genug, um erste Wurzeln zu schlagen. Eigentlich. Tatsächlich ist das mit der Kunst, sich woanders heimisch zu fühlen, gar nicht so leicht. Nun haben sie uns wieder, die gefrorene Erde und der graue Himmel Deutschlands. Wie konnte es soweit kommen?

Tja, wenn wir auf diese Frage nur eine klare Antwort hätten. Es ist eine Mischung aus vielen Komponenten, die uns bewogen hat, wieder zurück zu kommen: Familie, Freunde, Kosten, Unsicherheiten, Mentalität, die Politik in Trumpland und die sich häufenden Naturkatastrophen. Wurzeln brauchen die passenden Bedingungen, um zu wachsen.

Den Traum vom Auswandern zu verwirklichen war für uns so, wie einen Stern vom Himmel zu holen. Wir sind dem Stern entgegen geflogen und versuchten, ihn festzuhalten. Dabei schwebten wir über der Erde und mussten die Kunst erlernen, Luftwurzeln zu schlagen. Bei uns fanden sie den Weg nicht zurück in die Erde. Wir haben den Stern losgelassen, um nicht für immer in der Luft hängen zu bleiben.

Sternenjäger

Es gibt ein Gebiet in Medocino County in Nordkalifornien, das mich an den Odenwald erinnert, als er noch 100 Jahre jünger war. Der Odenwald ist die Heimat meiner Vorfahren. Ich ignoriere die Steineichen, die in Kalifornien stehen und stelle mir vor, es wären die Stileichen meiner Kindheit. Welch Glück mir der Anblick dieser sanften kalifornischen Hügel beschert! Ich spüre, dass ich bleiben mag. Dort. Im ersten Monat des grünen Frühlings. Aber nicht, weil es Kalifornien ist. Als ich einige Wochen später zur Algenernte wieder das Gebiet besuche, ist der Odenwald verschwunden. Die Hügel sind in das Gelb verdörrten Hafergrases getaucht und schimmern in der Sonne golden. Typisch für den „Golden State“ Kalifornien. Die Gegend hat ihren Reiz für mich verloren. Obwohl es schön dort ist.

Da ahne ich, dass ich mit über Vierzig vielleicht zu alt zum Auswandern war. Oder anders herum: Ich mag mein Geburtsland und dessen Menschen doch mehr, als ich für möglich hielt.

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Der kalifornische Odenwald

Wer einen so großen Schritt machen möchte, wie den Lebensmittelpunkt auf einen anderen Kontinent oder in eine andere Kultur zu verlegen, der hat zwei Möglichkeiten. Einfach machen. Oder erstmal drüber nachdenken. Für diejenigen, die grübeln wollen, haben wir ein paar Fragen:

  • Wie leicht lernst Du neue Freunde kennen?
  • Was brauchst Du, um Wurzeln schlagen zu können?
  • Kennst Du die Mentalität der Menschen in Deinem neuen Land wirklich und liegt sie Dir?
  • Wie sehr beeinflussen Dich politische Hintergrundgeräusche?
  • Welche Wetterschwankungen, Klimaveränderungen oder Naturkatastrophen erwartest Du in Deinem neuen Land und kannst Du damit langfristig umgehen?

Natürlich gibt es auf diese Fragen keine wirklichen Antworten. Denn wer kennt sich schon so gut, um vorhersehen zu können, ob sein gewohntes Selbst ihm in einer neuen Welt treu bleibt. Eher nicht. Darum will man ja weg. Damit man was Neues entdeckt. Also bleibt nur eins.

Einfach machen.

Erfahrungssammler

Es gibt einen Ort in Trinity County in Nordkalifornien, der mich an den Odenwald erinnert. Hyampom. Hier leben Menschen, wie ich mir meine wilden Vorfahren vorstelle. Die lebten in einem „Gemeindefreien Gebiet“, das weder einen Bürgermeister hatte noch eine Polizeiwache, die für die Bewohner zuständig gewesen wäre. Das Leben muss sich dort vor über hundert Jahren so angefühlt haben, wie heute in Hyampom. Wer nach Hyampom kommt, ist nicht mehr zu orten und verschwindet mangels Handyempfang vom Radar der Moderne. Man braucht die Polizei gar nicht zu rufen, weil die nicht kommen würde. Der Weg ist zu weit. Hier kann man abtauchen oder aufblühen. Hier haben wir die vielleicht schönsten Stunden mit Menschen verbracht, die wir ohne auszuwandern nie getroffen hätten.

Wir haben viele Erfahrungen gemacht, die wir nicht missen wollen. Das ehemals Fremde ist vertraut geworden und ein Teil von uns. Nun fremdeln wir ab und zu mit dem früher einmal Vertrauten. Obwohl wir uns freuen, es wieder zu haben.

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Blick auf Hyampom

Das Gute an Erfahrungen ist, dass man sie überall mit hin nehmen kann:

  • Das Gefühl wie klein man ist, wenn das Land endlos ist
  • Die Gewissheit, dass man für mehr gewappnet ist, als man denkt
  • Die Freude, wenn man seine Träume zu verwirklichen versucht
  • Die Dankbarkeit für eine grandiose Natur
  • Das Vertrauen in die tiefgehende Kraft der Heilpflanzen

Neuanfänger

Jetzt sind wir wieder am Anfang unserer Suche nach einem Lieblingsplatz, an dem unser Traum wahr werden kann. Wir haben in den letzten acht Jahren vier Ortswechsel gehabt, zwei in Bayern und zwei in Kalifornien. Jeder Umzug war mit neuen Hoffnungen verknüpft und damit, einen neuen Gemüse- und Kräutergarten (angepasst an die jeweiligen Bedingungen vor Ort) anzulegen.

Wir sind reif für ein echtes Zuhause und freuen uns darauf, den nächsten Garten über Jahre hinweg sich entwickeln zu sehen und nicht mehr her zu geben.

 

17 Kommentare zu “Wenn Auswandern nur so mittel ist

  1. Hallo Kirsten,
    Schoen, dass du herausgefunden hast, wo du dich am wohlsten fuehlst. 🙂
    Ich hoffe du wirst deinen Blog weiterbetreiben, denn ich lese ihn wirklich gern.
    Viele Gruesse,
    Luisa

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  2. Hallo liee Kirsten.
    Ist schon verrückt was man so für Vorstellungen hat manchmal oder? Ich kenn das von mir selber auch. Wir überlegen auch nach Portugal auszuwandern und dort einen kleinen Selbstversorgerhof zu gründen. Aber die Frage im Kopf ob es wirklich ein anderes Land sein muss schwingt auch imme mit. Muss es wirklich immer auswandern sein um glücklich zu sein. Und wie du schon sagst, was ist dann mit den ganzen Freunden und der Familie? Das tut schon weh sie zurückzulassen. Wir reisen seit fast 2 Jahren und solange es nur Reisen ist geht das noch, aber sobald es daann wirklich auswandern wird verändert sich das Gefühl ja auch wieder. Ich kann dich da jedenfalls sehr gut verstehen. Ich wünsche dir ganz viel Kraft endlich euer festes zuhause zu finden! 🙂 Liebe Grüße

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    • Herzlichen Dank, liebe Misses Hippie, fürs Kraft schicken! Ja, Familie und Freunde, dass kann weh tun, wenn man nicht mehr so leicht erreichbar ist. Ich wünsch Dir viel Glück mit Deinen Plänen und der Entscheidungsfindung! Liebe Grüße, Kirsten

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  3. Du siehst mich vollkommen überrascht. Ich bin begierig, mehr zu hören/zu lesen.
    Vor allem, wo es Euch hin verschlagen wird.
    Lass hören.

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  4. Du schreibst einfach so wunderschön! Dein Beitrag hat mich wieder gerührt, auch zu Tränen gerührt …. ich drücke meine Daumen… dieses Mal wird es klappen, und eure Träume werden in Erfüllung gehen!

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  5. Hallo Kirsten,
    auch ich würde mir wünschen, dass Du diesen Blog weiterführst. Er ist sehr schön. – Hättest Du eventuell Interesse an einem Ort im Odenwald? Ich besitze ein kleines verwunschenes Häuschen dort, welches leer steht. Könnten wir einmal mailen? (Fotos hätte ich zur Hand.)
    Herzliche Grüße, Andrea

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    • Hallo Andrea, oh! Auf jeden Fall würden wir das gerne anschauen! Danke für das liebe Angebot und die lieben Worte! Schreib mir doch kurz über das Kontaktformular, dann bekomme ich eine email und kann dir antworten. Liebe Grüße, Kirsten

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  6. Oh, das war ja eine Überraschung zu lesen, dass ihr wieder zurückkommt(oder gekommen seid) !!! Wünsche euch einen guten Ort zum Wurzeln schlagen!!!

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  7. Liebe Kirsten,
    viel habe ich in Deinem Blog gestöbert.Du hast mich mit einigen Themen sehr inspiriert. Wir haben „nur“ in Deutschland den Ort auf Grund vom Job wechseln müssen (das ist nun 30 Jahre her). Haben eine wunderschöne von Wäldern gesäumte Kurstadt und nseren fast 1000 qm „Schrebergarten“ gegen die niederrheinische Tiefebene tauschen „müssen“. Beide haben wir gearbeitet, ein Haus gebaut und „den Garten“ (mit Haus 400 qm) angelegt. Viele Jahre war ich nicht heimisch, immer gedanklich auf dem Sprung wieder in die „Heimat“ zurück zu gehen. Irgendwann kam unser Sohn und ich mußte aufhören, im Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Habe mich so durchgeschlagen. Und nun …
    Ich glaube, gerade in den letzten Monaten habe ich für mich Deine Frage „Lieblingsort wo bist Du“ beantwortet. WIr konnten letztes Jahr ein großes Gartengrundstück (eher Wildnis) pachten und sind nun so ganz langsam dabei, es umzuformen. Wenn ich dort auf einem einfachen Kappstuhl mich ausruhe (bin ja nicht mehr so jung) und den Vögeln lausche, den Schmetterlingen und Eichhörnchen zuschaue …. weiß ich wo er ist. Die Ruhe, die mich dann durchströmt und das Wissen, was ich will oder nicht mehr will sowie die Möglichkeit jeden Tag zu einem ruhigen und wunderschönen Tag fernab jeglicher Hektik machen zu können, dass ist es.

    Ich glaube, dass viele Plätze zu einem Lieblingsplatz werden können, wenn man es schafft, in sich selbst zu ruhen. Ich wünsche Dir, dass Du die Möglichkeit dazu bekommst, Deinen inneren Lieblingsplatz zu finden.

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  8. Oh wie schön deinem Beitrag entdeckt zu haben. Wirklich schön geschrieben. Ich habe es vor zwei Jahren auch einfach mal gemacht und bin nach Athen. Ich weiß nun nur zu gut wie schwer Wurzeln schlagen ist. Ich habe auch gelernt zu erkennen, wie schön meine Heimat ist. Grüße aus Griechenland!

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  9. Ich kann das so gut nachvollziehen. Wir sind vor drei Jahren nach North Carolina ausgewandert. Als ich 18 war waren die USA mein groesster Traum, als dann die Greencard mit 35 kam, war ich nicht mehr wirklich überzeugt aber wir haben es trotzdem durchgezogen. Seit drei Jahren kämpfe ich mit der Frage „Zurück, oder bleiben??“ Als jetzt auch noch meine über alles geliebte Katze gestorben ist, bin ich aus Trauer nach Deutschland geflohen. Da hat mich dann das Heimweh und der Gedanke zurück zu gehen richtig übermannt. Wir werden sehen, was wir machen. Erstmal müssen wir unser Haus fertig machen…

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